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Mehr Grün in Städten - Interview in www.haus-finanzieren.org mit Dr. Gunter Mann

Die dichte Bebauung in Städten verursacht zunehmend Probleme bei der Luftzirkulation. Aus diesem Grund setzen immer mehr Kommunen auf begrünte Hausfassaden und Dachflächen. Diese verschönern nicht nur das Stadtbild, sondern tragen vor allem zu einem besseren und gesünderen Klima bei.

Dr. Gunter Mann, Präsident vom Bundesverband GebäudeGrün e.V. (BuGG), beschäftigt sich intensiv mit Möglichkeiten der Gebäudebegrünung wie Dach-, Fassaden- und Innenraumbegrünung. Er weiß, welche Vorteile sie sowohl für ganze Städte als auch für einzelne Häuser haben kann. Im Interview erklärt er, welche Aspekte beim Anlegen einer begrünten Gebäudefläche wichtig sind.

Welche Voraussetzungen sollte ein Haus für eine Begrünung erfüllen?

Dr. Gunter Mann: Bei Fassadenbegrünungen kommt es besonders auf die geeignete Wandkonstruktion an. Darunter fällt unter anderem auch die Wärmedämmung hinsichtlich der Zusatzlasten und Druckstabilität. Für vorgehängte Fassaden sowie holzbekleidete Fassaden eignen sich beispielweise nur Gerüstkletterpflanzen.

Interessieren sich Hausbesitzer für sogenannte „Selbstkletterer“, sollten sie zunächst die Eignung des Untergrunds prüfen. Selbstkletterer sollten nur auf intakten Untergründen ohne Risse, Spalten und offene Fugen eingesetzt werden. Fassaden mit Außendämmung sind hierfür meistens nicht geeignet.

Bei Dachbegrünungen ist es wichtig, die zusätzliche Statik für den Gründachaufbau und gegebenenfalls die Verkehrslast der Personen bei genutzten Dachgärten zu überprüfen. Auch die Neigung des Dachs spielt hierbei eine wichtige Rolle. Bei einer Dachneigung von 0 bis etwa 35 Grad sind Begrünungen gut machbar.

Wie viele Häuser in Deutschland sind bereits (dach)begrünt?

Dr. Gunter Mann: Das ist grundsätzlich noch schwer zu sagen. Einige Städte wie Berlin, Frankfurt, Stuttgart und Hamburg haben zur Begrünung der Dächer bereits Erhebungen geführt. Das geschah teilweise durch unsere Unterstützung. Denn im Rahmen eines von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderten Forschungsprojekts haben wir mit der Projektpartnerstadt München eine Methode zur Erfassung und Inventarisierung von Dächern entwickelt.

Nach unserer internen Mitgliederumfrage wurden im Jahr 2017 etwa 12 bis 14 Millionen Quadratmeter Dachfläche in Deutschland neu begrünt. Davon waren 81 Prozent Extensiv- und 19 Prozent Intensivbegrünungen. Unter Extensivbegrünung versteht sich eine Begrünung, die relativ pflegearm ist, wie beispielsweise Moose oder Gräser. Die Tendenz geht mittlerweile allerdings eher in Richtung Intensivbegrünungen, wie zum Beispiel in Form von Dachgärten.

Welche Städte oder Regionen gelten bei diesem Thema als Vorreiter?

Dr. Gunter Mann: Baden-Württemberg hat in vielen Regionen vorgelegt, aber auch Großstädte wie Stuttgart, Berlin, München und Hamburg sind ganz vorne mit dabei, wenn es um das Thema Dach- oder Hausbegrünung geht. Doch auch viele andere Städte, beispielsweise Frankfurt, Nürnberg, Würzburg, Leipzig, oder Köln, erkennen den Mehrwert und ziehen nach. Grundsätzlich sind wir jedoch beim Thema Dachbegrünung schon weiter als bei der Fassadenbegrünung.

Welche Möglichkeiten gibt es für eine Begrünung der Immobilie?

Dr. Gunter Mann: Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Begrünungsmöglichkeiten - auf, am und im Gebäude -, die sich teilweise untergliedern:

Dachbegrünung auf Dachflächen, Dachterrassen, Tiefgaragen, Garagen, Carports und Gartenhäusern oder flächige extensive und intensive Begrünungen wie Pflanzbeete oder Pflanzgefäße

Fassadenbegrünung an Fassaden, Wänden, Autostellplätzen und Gerüstenoder boden- und wandgebundene Fassadenbegrünungen wie zum Beispiel begrünte Lärmschutzwände oder begrünte Klettergerüste

Innenraumbegrünung in Büro und Wohnbereichen in Form von Pflanzbeeten, Pflanzgefäßen und Wandbegrünungen

Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Immobilienbesitzer, die mit der Begrünung etwas für die Umwelt und für bessere Luft in der Stadt tun wollen? An wen können sie sich wenden? 

Dr. Gunter Mann: Einige Städte bieten Zuschüsse für eine Neuanlage von Dach- und Fassadenbegrünungen. Hierzu hilft ein Blick auf eine Übersicht über Fördermöglichkeiten auf der Website des BuGG oder eine Anfrage bei der Gemeindeverwaltung. Wenn die Gemeinde eine gesplittete Abwassersatzung hat und eine Dachbegrünung gebührenmindernd angerechnet werden kann, besteht auch die Möglichkeit auf eine indirekte Förderung.

Was kann sich neben dem Klima verbessern, wenn künftig mehr Städte auf die Begrünung ihrer Architektur setzen würden? 

Dr. Gunter Mann: Dach- und Fassadenbegrünungen können zahlreiche positive Auswirkungen haben: Sie bieten beispielsweise Schutz der Dachabdichtung vor Extrembeanspruchung bei Spitzentemperaturen und vor Wind- und Witterungseinflüssen wie Sturm, Hagel, UV-Strahlung. Darüber hinaus dienen sie als Wärmedämmleistungen im Winter und Hitzeschild im Sommer und leisten damit einen Beitrag zur Energieeinsparung,  denn damit können Klimaanlagen eingespart werden.

Wenn wir beim Thema Energieeffizienz bleiben, gibt es einen weiteren relevanten Vorteil. Dachbegrünungen und Photovoltaikanlagen müssen sich nicht ausschließen. Ganz im Gegenteil: Die Dachbegrünung verbessert die Leistung der Photovoltaikanlage durch die Kühlung der Solarmodule um etwa vier bis fünf Prozent.

Zudem tragen Begrünungssysteme zur Verbesserung des Arbeits- und Wohnumfeldes bei. Die Tendenz zu genutzten Dächern und Intensivbegrünungen mit Freizeit- und Verkehrsflächen ist spürbar. Auf Kaufhäusern, Einkaufszentren, Hotelanlagen, Schulen, Kindertagesstätten und Parkhäusern entstehen für den Menschen nicht nur zusätzlicher „Wohnraum“ mit Spiel- und Sportplätzen, Pausen- und Rückzugsräumen, sondern auch generationsübergreifend Begegnungsstätten für Menschen.

Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Mann.

Quelle - Original in : HAUS-FINANZIEREN.org